«Another Day of Life» von Raúl de la Fuente, Damian Nenow — Anidoc Langfilm
Die Reportage des grossen Kriegsreporters Ryszard Kapuściński als Film.
Und Angolas chaotische Geschichte – Confusão!
Angola, 1975, kurz vor der Unabhängigkeitserklärung, mitten im Kriegsgeschehen. Das Land ist kriegsverwüstet und umkämpft. Die beiden Befreiungsbewegungen FNLA und UNITA werden von den USA und Südafrika unterstützt, die MPLA durch die Sowjetunion und Kuba. Die Portugiesen verlassen das Land eilig und überlassen es nach dem Ende der Kolonialherrschaft dem Chaos. Wie immer drehen sich die Interessen um die grossen Bodenschätze. Ein Schachspiel der Supermächte im Hintergrund. Die Unabhängigkeit ist beschlossene Sache. Der angesehene polnische Kriegsreporter Ryszard Kapuściński ist vor Ort in Luanda, der Hauptstadt. Er will zum Brennpunkt, in den Süden des Landes. Die Reisebewilligung wird ihm immer wieder verwehrt. Luanda wird zur Gespensterstadt, leer gefegt. Der Reporter berichtet täglich über den Verlauf des Konfliktes via Telefax an die polnische Presseagentur. Was wird hier gespielt? Für die richtigen Informationen muss er an die Front in den Süden zu Commandante Farrusco. Kapuściński will ihn interviewen. Farrusco ist ehemaliger Soldat der portugiesischen Kolonialarmee und hat sich auf die Seite der sozialistischen MPLA geschlagen. Die lebensgefährliche Reise zur Entscheidungsschlacht beginnt, per Auto mit einem einheimischen Journalisten. Bei den bewaffneten Strassenkontrollen entscheidet die richtige Begrüssungsansprache über Leben oder Tod. Es gibt zwei Schlüsselwörter. In einer gewalttätigen Kontrolle mit Waffenfeuer «schiesst» Kapuściński das Wort «Camarada» förmlich aus dem Mund … und er kommt lebend davon. Bald treffen sie auf die charismatische MPLA-Kämpferin Carlotta, die Guerilla-Einsätze leitet und mit 20 Jahren bereits eine MPLA-Legende ist. Während der Reise erfährt Ryszard Kapuściński viel über die Bevölkerung, den Bürgerkrieg und über die Kämpfer selbst. Der Bürgerkrieg erhält ein Gesicht. Der Journalist überdenkt seine Rolle als neutraler Beobachter und objektiver Berichterstatter und greift selbst ein … Am 11. November 1975 wird Angola unabhängig. Danach wird Kapuściński zum Schriftsteller, der mit den Mitteln der Literatur versucht, der Wahrheit des Krieges näher zu kommen.
© Bilder «Another Day of Live», 2018, Raúl de la Fuente, Damian Nenow
Hintergrund zum Film & Machart
Der Film basiert auf dem Buch des polnischen Kriegsreporters Ryszard Kapuścińskis – «Wieder ein Tag Leben» – und seiner dreimonatigen Reise im Kriegsgebiet bis zur Unabhängigkeit Angolas. Aus seiner Reportage ist ein eindringlicher Film entstanden: Von Raul de la Fuente aus Spanien und Damian Nenow aus Polen. Im Stil einer Graphic Novel, schön illustriert. Sie benutzen eine Mischtechnik: Live-Action-Aufnahmen (20 Minuten Realfilm) mit Animationen, aktuellen dokumentarischen Interviews mit Kapuścińskis Weggefährten von damals und Archivaufnahmen. Wir sehen Bilder der echten Carlotta und vieler andern Protagonisten, was für Authentizität und Empathie sorgt. Geschickt nutzen die Filmemacher die Möglichkeiten und Freiheiten des Animationsfilms. Sequenzen werden eingebunden, von(Alb)Träumen, in denen sich Körper auflösen, Menschen die Gestalt wechseln und Verstorbene immer wieder auftauchen und so den Verstand des Hauptprotagonisten angreifen. Die Absurditäten und Schrecken des Krieges werden eindrücklich gezeigt. Der Bürgerkrieg dauerte bis 2002 an. Angolas Geschichte ist bis heute davon geprägt.
Filmografie von Damien Nenow & Raúl de la Fuente
Raúl de la Fuente (*1974), Spanien/San Sébastian, Regie und Autor, Kameramann Dokfilme. Bekannt geworden durch die beide Filme Minerita, 2013 (Dok, Kurzfilm) und Nömadak Tx, 2006 (Dok); beide wurden vielfach ausgezeichnet und an sehr vielen Festivals gezeigt. Weitere Filme: Gold Fever, 2017 (Dok, Kurzfilm); I Am Haiti, 2014 (Dok), Virgen Negra, 2011 (Kurzfilm).
Damien Nenow (*1983), Polen, Regie und Autor. City of Ruins, 2011; Kurzfilme: Path of Hate, 2010; The Great Escape, 2006; The Aim, 2005. Vielseitig talentiert, von Illustration zu Konzeptkunst, Computeranimation.
Fantoche 2018 — meine Darlings #1 und #3:
→ «Chris the Swiss», Animationsdokfilm
→ Fantoche 2018 #3, Lang-/Kurzfilme, Retrospektive Vera Neubauer, Musikvideos etc.
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