Die «Sofaul»-Graffities begleiten mich seit langer Zeit. Immer wieder denke ich darüber nach, was Faulsein bedeutet und welche Qualität es buchstäblich im Leben hat.
Wortwörtlich beinhaltet «SOFAUL» alles. Ein Sofa ist für die einen spiessig. Für die andern der schönste Ort der Welt. Die heute modischen Liegewiesen mit riesigem Flatscreen, die Wohnzimmer füllend sind und in der Gruppe stundenlanges Netflix-Serien-Schauen im Heimkino ermöglichen, na ja. Der «Sofasport» gehört für mich nicht zu «SOFAUL».
Eine Freundin aus Spanien kann nur schlafen, wenn der Fernseher als Hintergrundgeräusch mitrauscht und in den Schlaf wiegt, natürlich auf dem Sofa.
Sofaul: Sofa-faul. So faul.
In der ländlichen Küstenregion von Valencia ist das Sofa ein heiliger Gral. Das Sofa ist Mittelpunkt des Faulseins: Siesta, Serien-/TV-Sehen, ein kleiner spontaner Besuch von Familienmitgliedern der Grossfamilie, Freunde beim Kurzbesuch vor dem Abendessen, Kaffeetrinken, Apéro. Alles findet hier statt. Geschlafen und gefaulenzt wird in Spanien ohne Hemmungen, ja exzessiv. Im vertrauten Freundes-/Familienumfeld fläzt sich jeder mal für eine halbe Stunde hin und taucht in die Traumwelt ab, ohne Scheu, das Rollen der Gespräche ist das Wellenspiel in die Traumwelt. Wie schön ist das!
Ich bin eine Sofafreundin, ein bescheidenes Sofa aus den 70er Jahren steht in meiner Wohnung, schmal, elegant mit Holzrahmen, es ist zum Lesen im Liegen perfekt, zum Sitzen nicht. So tauche ich in Bücherwelten ein, gehe auf Gedankenreisen oder versinke in Musiksphären. Oder döse ein, unverschämt wachträumend. Sofaul geht das am besten, ich kann das alles gut und gerne über mehrere Stunden tun.
Jede Minute wird heute minuziös verplant. Deshalb mag ich die «SOFAUL»-Graffities so gerne, da sie etwas thematisieren, was in unserer Gesellschaft kaum mehr existiert. Faulsein, sinnlos. Es lässt mich innehalten und gibt mir einen sanften Stupser: Schalt einen Gang runter. Die Zeit in rauen Mengen ruhig geniessen und diese so faul auf dem Sofa verstreichen lassen in einer inneren Welt – das ist für mich der wahre Luxus. Mich bringen Spaziergänge in der Natur, zielloses Flanieren und SOFAUL auf die besten Ideen. Da spare ich oft locker 4 Stunden am Mac im Büro.
In Corona-Zeiten pflege ich mit einem Freund den Austausch zu Alltagsaugenblicken mit handgeschriebenen Postkarten. Seine Karten sind oft selbst gezeichnet. Einmal haben wir uns zu den «Sofaul»-Tags in Zürich philosophisch ausgetauscht.
Hommage an die «SOFAUL»-Graffities, ans Sofa und Faulsein: © Illustration Gregor Meffert Zürich
Alle Fotos von © Irene Jost. Graffities © by SOFAUL.
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