Der Blick nach oben, hin zu den Sternen

# Zufälle

Auf die Arbeiten der Basler Medienkünstlerin Esther Hunziker bin ich bei unserer ersten Begegnung im Jahr 2002 aufmerksam geworden. Sie ist fasziniert von Galaxien, fernen Sternenhimmeln, Scheinwelten, Fehlern & Anomalien und angeblichen Realitäten.

«Ich mag reproduzierbare Medien und ich mag Maschinen.»

Esther Hunziker spürt in ihrer jüngsten Videoarbeit «Earth» Fehler und Lücken aus Algorithmen in der 3D-Bilderzeugung für Google Earth auf und schafft damit eine virtuelle Weltreise.

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Screenshots «Earth», online: www.estherhunziker.net/earth

Was gab den Ausschlag, dass du Künstlerin geworden bist? Wie hat es begonnen?
Was interessiert und fasziniert dich in der Medienkunst?

«Ich mag reproduzierbare Medien und ich mag Maschinen. Meine erste Maschine war ein Kassettengerät und da begann meine Leidenschaft für Musik und Mixtapes. Später folgte ein Fotoapparat und die Dunkelkammer und damit die Faszination, mit der Vervielfältigung von Bildern zu experimentieren. Ich war ein Fan von Kopiermaschinen und Fanzines, von VHS Kassetten und Underground-Filmen. Während eines Auslandaufenthaltes in New York (1992/93) nahm ich zum erstenmal eine Videokamera in die Hand. Ab da war klar, dass ich von meinem Modestudium zur Videokunst wechsle und audiovisuelle Gestaltung studiere. Auf das Kassettengerät und die Fotokamera folgten die Videokamera und der Schnittplatz und damit die Möglichkeit, Audio und Bilder zu kombinieren und daraus meine eigenen Bildwelten zu schaffen. Später, mit dem Medium Internet, kamen Text und Literatur hinzu und die Möglichkeit, die Linearität aufzuheben und den Betrachter miteinzubeziehen. Es war quasi eine Erweiterung des Mediums Video, das es ermöglichte, ganz neue Techniken und Erzählformen zu entwickeln.»

In der Internetarbeit «Dump» führt die Fülle von Text, Bild, Video, Ton zu leerer Kommunikation und Reizüberflutung. Die visuelle und akustische Rastlosigkeit, die Sinnentleerung, der Sprachzerfall – Spamtext – unzählige «Splitter» erzeugen Chaos, Überforderung & Einsamkeit. Leere. Nichtkommunikation.

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Screenshots «DUMP», online: www.ref17.net/dump

In Chongqing und Berlin, während eines Atelieraufenthaltes, entstanden klassische Architekturaufnahmen. Aus einem Reigen von 100 Architekturbildern werden in der interaktiven Online-Animation «IHSE» am Computer futuristische Gebilde geometrisch vereint und neugebaut. Schwebend in Raum und Zeit. Die Körper wachsen, multiplizieren sich – der Betrachter kann Richtung und Geschwindigkeit in der Animation beeinflussen. Ton und Bilderfluss erzeugen eine meditative und sphärische Gesamtwelt.

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Screenshots «IHSE1» und «IHSE2», online: www.ref17.net/IHSE

Dekonstruktion und Montage sind ein roter Faden bei Esther Hunziker. In der Arbeit «The Wasted Documents Showbag Frames» werden Collagen in Wechselrahmen festgehalten. Aanalog umgesetzt, aber aus zufälligen Bildern, Kopien, Texten, Skizzen, Fotos, Zeichnungen, Ausschnitten, Videostills zusammengestellt. Der Screenshot wäre das naheliegende Medium. Aber hier findet eine sinnliche Umkehrung statt.

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«The Wasted Documents Showbag Frames», mehr unter: www.estherhunziker.net/twdsf

«Loop» ist ein interaktives Webcam-Projekt, das vom 1. Oktober bis 24. November 2013, rund um die Uhr während 7 Tagen live online war. Überwachung? Voyerismus? Kontrolle & Machtdemonstration? Hier wird die Webcam zur Selbstbeobachterin. Durch eine Rückkopplung führt Esther Hunziker den Blick der verborgenen Echtzeit-Bilder im Internet ad absurdum.

«Loop», Videodukumentation, interaktive Live-Cam

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